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Hochschulpakt: Das will das BMBF

Das Bundesforschungsministerium erläuterte in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz erstmals ausführlich seinen Vorschlag für die Zukunft des Milliardenprogramms. Wie die Länder reagierten.

Foto: pxhere - cco.

ENDE FEBRUAR hatten die Länder ihren Verhandlungsvorschlag auf den Tisch gelegt, jetzt war der Bund dran: Das Ministerium von Anja Karliczek hat vergangene Woche in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) erstmals im Detail erläutert, wie es sich die Fortsetzung des Hochschulpakts vorstellt. 

 

Derzeit treffen sich alle paar Wochen die Staatssekretäre aus den Wissenschaftsministerien, um die voraussichtlich entscheidende GWK-Ministersitzung am 3. Mai vorzubereiten. Auf Bundesseite führt Karliczek beamteter Staatssekretär Georg Schütte die Verhandlungen.

 

Wie die Länder will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Hochschulpakt in einer bisherigen Höhe verstetigen, lehnt jedoch einen "Substanzerhalt" in Form einer dreiprozentigen Steigerung pro Jahr ab – bislang zumindest. Es spricht nämlich viel dafür, dass die Absage an die Dynamisierung weniger grundsätzlicher und dafür umso mehr strategischer Natur ist. Soll heißen: Womöglich bewegt sich der Bund an der Stelle, wenn die Länder dem BMBF bis zum 3. Mai an anderer Stelle entgegenkommen.

 

Der Bund will einen Parameter für Dauerstellen

 

Deutlich wurde in der GWK-Staatssekretärssitzung vergangene Woche indes auch, dass der Bund nicht einfach so bereit ist, den Parameter-Dreiklang, den die Länder sich für die künftige Mittelverteilung überlegt haben, mitzugehen. Der Bund will neben den von den Ländern vorgesehenen drei Kriterien Studienanfänger, "Studierende in der Regelstudienzeit plus zwei Semester" und Absolventen ein viertes hinzufügen, das den Initiatoren der jüngst gestarteten Kampagne "Frist ist Frust" gefallen dürfte. Das Kriterium lautet: "Unbefristetes wissenschaftliches Personal". Dieser vierte Parameter soll mit 25 Prozent gewichtet werden, die übrigen drei sollen ebenfalls zu 25 Prozent zählen. 

 

Die Länder wollen dagegen die Studierenden in der Regelstudienzeit mit 60 Prozent belohnen und sehen für ihre anderen beiden Kriterien jeweils 20 Prozent vor.

 

Als Begründung für seine Parameter-Wahl verweist der Bund auf den entsprechenden Vorschlag des Wissenschaftsrates. Interessanterweise haben die Länder zwar bislang ihrerseits immer wieder die Bedeutung der Hochschulpakt-Verstetigung für mehr Dauerstellen betont, bei den Parametern hatten sie diesen Aspekt dann aber nicht berücksichtigt.   



Was den Übergang zwischen der laufenden Mittelverteilung im Hochschulpakt 2020 und der neuen Systematik angeht, verlangen die Länder eine doppelte Abmilderung: Einerseits soll ein Sockelbetrag von zunächst 68 Prozent nach dem alten Schlüssel auf die Länder verteilt werden und nur 32 Prozent nach den neuen Parametern. Dieser Sockel sinkt bis 2026 allmählich auf Null ab (Details siehe Blogbeitrag vom 25. Februar). Andererseits haben sich die westlichen Bundesländer bereit erklärt, den Stadtstaaten und Ostländern jährliche Ausgleichspauschalen zu zahlen (über deren Verteilung es übrigens zwischen den Ländern noch Streit gibt). 

 

Das BMBF sieht beide Mechanismen – Sockel wie Pauschalen – kritisch und argumentiert, der Hochschulpakt 2020 enthalte bereits eine degressive Ausfinanzierung, parallel dazu könne der neue Verteilungsschlüssel progressiv greifen. 

 

Fachkräfte-Vorsorge über den Hochschulpakt?

 

Gleichzeitig wird immer klarer, dass die Parameter allein Karliczeks Ministerium als Grundlage des neuen Hochschulpakts nicht ausreichen. Neben die Kriterien-Logik der Mittelverteilung soll auch eine qualitativ-inhaltliche treten, und die will das BMBF gleich mehrfach absichern. Erstens durch sogenannte "bilaterale Ausführungsvereinbarungen", die der Bund mit jedem Land einzeln schließen will. Darin soll festgelegt werden, für welche hochschulpolitischen Ziele jedes Land konkret die Hochschulpakt-Mittel einsetzt (dazu soll es eine Aufstellung möglicher Maßnahmen geben), und der Bund könnte die diesbezüglichen Vorstellungen eines Landes ablehnen und Nachbesserungen fordern. Klar, dass die Länder das nicht wollen und im Gegenzug für "unilaterale Selbstverpflichtungserklärungen" plädieren, weil sie andernfalls ihre Länderhoheit im Wissenschafts- und Hochschulbereich verletzt sähen. 

 

Offenbar will der Bund mit den Vereinbarungen auch auf die jeweils absehbare Situation auf dem Arbeitsmarkt reagieren, sei es in Bezug auf Lehrer-Studienplätze oder die Kapazitäten im Medizinstudium. Ein Vorschlag, der an einen Plan des Berliners Wissenschafts-Staatssekretär Steffen Krach (SPD) erinnert. Der hatte im Herbst unter anderem angeregt, im Rahmen des neuen Hochschulpakts eine Kommission zur bundesweiten Ermittlung des Fachkräftebedarfs einzurichten, inklusive einer neuen Bewertung in Sieben-Jahres-Abständen. Was damals von Bund und Ländern abgelehnt worden war.

 

Als zweites Instrument, um mit dem Hochschulpakt-Nachfolgeprogramm konkrete Qualitätsverbesserungen anzustoßen, will der Bund jährlich 100 Millionen Euro der Mittel zurückhalten, um sie von 2028 an in einem "Bonusprogramm" an jene Länder auszuschütten, die die Qualität in der Lehre nachweisbar gesteigert haben – durch eine "positive Evaluation". Was die Länder ablehnen – ebenso wie das dem zugrundeliegende Berichtswesen, zumindest in der Form, wie das BMBF es vorschlägt: mit einem jährlichen "qualitativen Monitoring", einem Bericht alle drei Jahre und, gegen Ende der auf sieben Jahre angesetzten Paktphase, mit besagter "externen Evaluation" durch den Wissenschaftsrat. 

 

Worauf sich die Länder möglicherweise einlassen würden: eine getrennte Ausweisung der Einnahmen und Ausgaben von Hochschulpakt-Mitteln in den Länderhaushalten. Allerdings gibt es noch Vorbehalte: Dies sei ein Eingriff in ihre Haushaltsgesetzgebung, binde sie und strukturiere die Länderhaushalte. Auch die vom Bund vorgeschlagene "tabellarische Darstellung der Mittelverwendung“ nach Ausgabenkategorien, Empfängern und Schwerpunkten, inklusive einer "quantitativen Bewertung der Zielerreichung", lehnen die Länder offenbar ab. Als Gründe führen sie die zu große Detailschärfe an und einen Dauerbrenner in der Qualitätsdiskussion zwischen Bund und Ländern: Die "Messbarkeit" von Qualität durch quantitative Kennzahlen sei fraglich. 

 

Sollen die privaten Hochschulen doch wieder in den Pakt?

 

Das sind die Haupt-Streitpunkte, es gibt aber auch noch Reibereien um vermeintliche Randthemen. Der Bund fordert, dass die Hochschulpaktmittel auf private wie staatliche Hochschulen verteilt werden sollen. Die Länder wollen das nicht. Tatsächlich birgt die Debatte "staatliche versus private" nämlich ein enormes Konfliktpotenzial zwischen den Landeswissenschaftsministern, nachdem im bisherigen Hochschulpakt die nichtstaatlichen Studienplätze bei der Zuteilung von Bundesgeldern zwar zählten, dann aber von vielen Ländern nicht an die privaten Hochschulen weitergereicht wurden. Außerdem konzentrieren sich die privaten Hochschulen in einigen Bundesländern, vor allem in den Stadtstaaten und in Nordrhein-Westfalen. 

 

In der Gesamtschau sind die Vorschläge, die Karliczeks Ministerium auf den Tisch gelegt hat, bemerkenswert forsch und teilweise kreativ. Sie geben den Verhandlungen um die Hochschulpakt-Nachfolge endlich jene inhaltliche Komponente, die ihnen lange gefehlt hat. Gleichzeitig ist die Kluft, die sich zwischen Bund Ländern auftut, noch erstaunlich groß dafür, dass in gut anderthalb Monaten die fertige Bund-Länder-Vereinbarung vorliegen soll.

 

Solange der Bund sich weigert, den Hochschulpakt zu dynamisieren, erscheint eine Einigung ohnehin ausgeschlossen. Das gesamte Kalkül der Länder, ihr Vorschlag zur Mittelverteilung beruht auf den drei Prozent Plus pro Jahr, ohne diesen Zuwachs würde der mühsam gefundene Kompromiss zwischen den 16 Landes-Wissenschaftsministern in sich zusammenfallen, dann sähe sich der Bund keiner gemeinsamen Länderposition mehr gegenüber. Die ja ohnehin immer noch wacklig ist: Brandenburg, Berlin und Hamburg sperren sich allesamt gegen die vorgeschlagene Verteilungslogik der von den West-Flächenländern angebotenen Ausgleichspauschale. Berlin und Hamburg, weil es den Großteil für sich reklamiert und möglichst wenig an den Osten abgeben möchte. Und Brandenburg, weil ihm die 25 Millionen, die die Ost-Länder insgesamt von der Pauschale abbekommen sollen, nicht ausreichen. 

 

Übrigens ist immer noch offen, was eigentlich die Grundgesamtheit der jährlichen Hochschulpaktmittel von 2021 an ist. Die Länder reden zwar von anfangs 1,88 Milliarden im Jahr, das BMBF hat das so aber offenbar noch gar nicht gesagt, seine Formulierung: Der Bund sei "bereit, seine Mittel zu verstetigen".

 

Kompromiss bei Institut für Lehre deutet sich an

 

Beim zweiten Pakt zur Hochschullehre scheinen Bund und Länder dagegen bereits näher beieinander zu liegen – was überrascht, denn offiziell hatten sich BMBF und Wissenschaftsministerien beim Thema "Qualitätspakt Lehre" bislang besonders deutlich widersprochen.

 

Doch hat sich die zuständige Staatssekretärs-Arbeitsgruppe bereits im Februar auf eine Mischoption verständigt. Diese soll die vom Wissenschaftsrat empfohlene und vom BMBF favorisierte Einrichtung einer "eigenständigen Organisation" für die Förderung der Hochschullehre verbinden mit der von den Ländern bevorzugten Version einer Förderung, die von bestehenden Einrichtungen organisiert wird.

 

Das Ergebnis, das die mit der Ausarbeitung beauftragte Fachgruppe von Ministerialbeamten jetzt den GWK-Staatssekretären vorgeschlagen hat: "eine rechtlich unselbstständige Organisationseinheit", das alle Funktionen des QPL-Nachfolgeprogramms erfüllen soll und an eine bestehende "Trägerinstitution" angedockt werden soll. Welche das sein wird, wollen Bund und Länder noch gemeinsam entscheiden, interessierte Organisationen (zum Beispiel die Hochschulrektorenkonferenz, wobei diese nicht genannt wird) können sich an einer Ausschreibung beteiligen.

 

Entscheidend ist jedoch, dass die neue "Organisationseinheit" dauerhaft und vollständig abgegrenzt von der Trägerinstitution finanziert werden soll – mit eigener Geschäftsführung.

Um das Verwaltungsvokabular an dieser Stelle mal zu übersetzen: Es wird also aller Voraussicht nach ein eigenes "Institut für die Qualität in der Lehre" (Wording von Wissenschaftsrats-Vorsitzenden Martina Brockmeier) geben mit eigener Geschäftsstelle und umfassenden Zuständigkeiten, von der Projektförderung a la DFG bis hin zum Aufbau einer Plattform hochschuldidaktischen Austausch. Aber das Institut wird eben nicht im luftleeren Raum entstehen, sondern in die bestehende Landschaft von HRK, DFG & Co eingepasst.

 

Und auch das mit der Unabhängigkeit ist so eine Sache: Neben der Leitung des Instituts soll es einen externen wissenschaftlichen Beirat geben und, ähnlich wie bei der DFG, Fachausschüsse zur Projektauswahl. Allerdings eben auch ein Bund-Länder-Aufsichtsgremium, und anders als bei der DFG wird die Politik über dieses Aufsichtsgremium die neue Institution sehr detailliert mitsteuern, bis in die personelle Besetzung der Auswahlausschüsse hinein.

 

Die Finanzierung bisheriger QPL-Projekte ist den Plänen zufolge nicht vorgesehen, dafür würde das Geld vermutlich auch gar nicht reichen: Der Bund will wie bisher 200 Millionen Euro pro Jahr in den QPL-Nachfolger geben, doch fordert eine Ko-Finanzierung durch die Länder. Die das ablehnen. Womit wir wieder beim Finanzstreit um das mögliche Hochschulpakt-Plus angekommen wären: Womöglich bewegt sich der Bund diesbezüglich, wenn die Länder bis zur entscheidenden GWK-Ministersitzung am 3. Mai dem BMBF an anderer Stelle entgegenkommen. Könnte der Qualitätspakt Lehre diese andere Stelle sein?

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Kommentare: 4
  • #1

    PB (Montag, 18 März 2019 08:44)

    Prinzipiell gefällt mir die Idee sehr, einen Parameter für Dauerstellen bei der Vergabe der HSP-Mittel einzuführen.
    Allerdings glaube ich, dass es schwer wird, diesen Parameter konkret zu überprüfen, bzw. erwarte leider "kreativen" Umgang der Hochschulen damit.

  • #2

    RK (Montag, 18 März 2019 09:24)

    Ich befürchte ebenfalls einen "kreativen" Umgang der Hochschulen damit. Peter-André Alt (damals noch FU-Präsident) soll Berliner Parlamentariern zufolge eine Kostprobe dieser "Kreativität" geliefert haben: Denn er soll behauptet haben, seine Uni habe doch die gemäß Berliner Hochschulvertrag 2018 bis 2022 zu erreichenden 35% entfristete wissenschaftliche Mitarbeiter Haushaltspersonal längst erreicht - er zähle die ja Professoren mit, die seien auch wissenschaftliches Personal. Das Land Berlin hätte allerdings die Möglichkeit, die (volle) Überweisung der Hochschulvertragsmittel vom Erreichen der vereinbarten Ziele abhängig zu machen (wie es z.B. Sachsen längst tut, und deshalb in den vergangenen Jahren auch schon so einige Millionen zwischen de Hochschulen umverteilte).

    Ähnlich hätte auch der Bund solche Möglichkeiten. Beispielsweise könnte er bestimmte Summen vom Erreichen vereinbarter Ziele abhängig machen, was durch die (Bundes-)amtliche Personalstatistik nachzuweisen wäre. Laut Statistikgesetzgebung wäre deren Fälschung übrigens nicht nur eine Ordnungswidrigkeit. Vielmehr wäre es eine Straftat, die bei Verurteilung den Verlust des Jobs bzw. der Verbeamtung zur Folge haben könnte. Ich hätte daher durchaus die Hoffnung, dass die Statistikämter so unabhängig ihren Job machen, dass die Länder und die Hochschulen hier in der Problemlösung kreativ sein werden, und nicht im Problemkaschieren!

    Im übrigen wurde auf EU-Ebene gerade ein deutlich besserer Whistleblower-Schutz beschlossen... ;-)

  • #3

    Thomas Deufel (Montag, 18 März 2019 17:24)

    Interessanter Einstieg in eine Abkehr von der rein Studienplatz-bezogenen Hochschul-Finanzierung. Ob allerdings die tendenzielle Rückkehr zum DDR-System der Dauerstellen-Universitäten als verlängerte Oberschulen diesen auf Dauer wirklich hilft, bleibt für mich fraglich. Es war so mühsam und schmerzhaft, diese betonierten Personalstrukturen wieder so zu mobilisieren, dass außer Mittelbauer-Lehre auch Wissenschaft wieder möglich wurde. Ich frage mich ja grundsätzlich, warum man nicht wie in Österreich nur einen Teil des Budgets mit Studienplätzen, den anderen aber mit wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit parametriert. Es bleibt jedenfalls spannend.

  • #4

    RK (Dienstag, 19 März 2019 09:35)

    @Deufel:
    Interessant, wie schnell man auf "DDR-System der Dauerstellen-Universitäten als verlängerte Oberschulen" und "betonierten Personalstrukturen" kommen kann, wenn andere von einem erst in mehreren Jahren zu erreichenden moderaten Anteil von z.B. 35% Entfristeter (und das auch nur beim haushaltsfinanzierten wiss. Mittelbau) schreiben, was alle Berliner Präsidenten unterschrieben und was in der Größenordnung auch dem Bundestrend entspricht (siehe durch die Hochschulen geplanter Anteil an Entfristungen in der letzten Stifterverbands-Studie zur Personalentwicklung). ;-)
    Ich fürchte, mit solchen DDR-Keulen-Totschlag-Argumenten soll v.a. das Eigeninteresse an maximaler Machtausübung einer bestimmten Personengruppe kaschiert werden, welche dem deutschen Hochschulsystem schon länger nicht gut tut.
    Daher wäre es interessant gewesen zu erfahren, inwieweit es konkrete Vorstellungen gäbe, welche Parameter "wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit" man hier in Deutschland im Rahmen des Hochschul-Paktes zur Anwendung bringen sollte... :-)