Detlef Pawollek ist seit vielen Jahren Schulleiter in Neukölln. Im Podcast spricht er über die Berliner Silvesterkrawalle, die Lebenswelt seiner Schüler und seine begrenzten Möglichkeiten als Schulleiter.
Foto: privat.
ER KENNT die Jugendlichen von Neukölln-Nord und ihre Lebenswelten wie kaum ein zweiter. Seit vielen Jahren ist Detlef Pawollek Rektor im Bezirk, früher an einer Hauptschule, inzwischen leitet er die Röntgen-Sekundarschule. Das sei ein sehr belastender Job, sagt er. "Aber ich könnte es mir nach all den Jahren auch nicht mehr anders vorstellen."
Pawollek ist zu Gast in einer neuen Folge des Podcasts "Gipfel der Bildung". Mit Patrick Honecker und Jan-Martin Wiarda spricht er unter anderem über die Berliner Silvesterkrawalle. "Wenn Sie so wollen", sagt er, seien diese "jetzt das Produkt dessen, was über Jahre hinweg in diesem Bezirk zu beobachten ist und auch gelebt wird".
An der Art, wie er redet, merkt man, dass Pawollek seine Schülerinnen und Schüler am Herzen liegen. Vielleicht formuliert er gerade deshalb oft harte Sätze. Diesen zum Beispiel: "Wenn sie in einem Sozialraum leben, der von andern Maßstäben beherrscht wird, da gehts nicht darum, dass man sich tugendhaft verhält, sondern darum, dass man in dem Bezirk, in den Straßen überlebt und Respekt bekommt." Es herrsche eine "weit verbreitete seelische Armut", nicht selten beobachte er auch massive psychische Erkrankungen in den Familien.
Pawollek, der sich in der GEW-Vereinigung Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter engagiert, sagt, es brauche Menschen, "die für diese Jugendlichen da sind. Meine Überzeugung ist meine Motivation." Seine Möglichkeiten als Schulleiter sieht er jedoch als begrenzt an. So gebe es an der Röntgen-Schule eine "extrem gute Berufsorientierung. "Aber wir bringen nur knapp sieben Prozent der Kinder in eine duale Ausbildung. Das ist verschwindend gering und schon fast peinlich."
Aber was solle er tun, sagt Pawollek. "Ich kann nicht in den Sozialraum hineinwirken. Wenn die Schüler in die Schule kommen, kommen sie in eine andere Welt." Die soziale Schichtung spiele eine entscheidende Rolle. Aber wie oft kommt es vor, dass sich zum Beispiel die Welten von Migranten und Nichtmigranten wirklich mischten? "Enge Freundschaften? Ehen? Selten!"
Pawolleks Forderung: "Staatlicherseits müsste endlich ein Umdenken erfolgen, weg von der Alimentierung. Wie kann ich einer mehrköpfigen Familie überhaupt deutlich machen, dass die Erwerbsbiografie wichtig ist, wenn sich eine lohnende Erwerbsbiografie, wie wir sie kennen, in ihren Reihen überhaupt nicht abbildet?"
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