Ab Oktober ändert die KfW wieder die Konditionen zu ihrem Studienkredit. Er steigt auf 8,34 bis 9,18 Prozent. Die Ampel muss jetzt eingreifen.
Bild: Screenshot der KfW-Website.
ES IST EIN unwiderstehliches Angebot. Familien können von Oktober an bei der KfW-Bankengruppe mindestens 170.000 Euro beantragen, wenn sie klimafreundlich bauen oder kaufen wollen, 30.000 Euro mehr als bislang, Zinssatz weiter ab 0,01 Prozent. Der Staat kann das mit der sozial verträglichen Zinssubvention also, wenn er will.
Ebenfalls ab Oktober ändert die KfW die Konditionen zu ihrem Studienkredit. Er steigt auf 8,34 bis 9,18 Prozent. Grund sei, wie die staatliche Bank mitteilt, dass der europäische Referenzzinsatz Euribor gestiegen sei. Der eigentliche Grund aber ist, dass die Bundesregierung nicht gegensteuert.
Das hat Folgen, wie das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) schon im Juni warnte. "Der Markt für Studienkredite in Deutschland kollabiert in Zeitlupe", sagte CHE-Finanzexperte Ulrich Müller. 35 Prozent weniger Vertragsabschlüsse als im gleichen Vorjahreszeitraum, über 50 Prozent weniger als 2021.
Schon vor der neuen Erhöhung hatte ausgerechnet die KfW den höchsten Zinssatz aller Studienkredit-Anbieter. Ihr Argument: Dafür nehmen wir ja auch die, die anderswo kein Geld bekommen. Also die Ärmsten. Die dann auch noch am meisten Zinsen zahlen – bei den geltenden Konditionen am Ende oft mehr, als sie überhaupt an Kredit erhalten haben.
Die Ampel rühmt sich gerade – zu Recht – dafür, dass mit dem Beschluss der Kindergrundsicherung jetzt auch die Studien- und Ausbildungsfinanzierung unabhängiger werde, weil der sogenannte Garantiebetrag künftig direkt auf das Konto der anspruchsberechtigten Studierenden und Auszubildenden fließe. Doch gleichzeitig ist das BAföG derart heruntergewirtschaftet, dass weniger als ein Achtel der Studierenden es erhält, und von dem zusätzlichen Geld für die im Koalitionsvertrag versprochene weitere Strukturreform ist zumindest im Haushaltsentwurf für 2024 keine Spur.
So wird auch der KfW-Zinssatz für Studierende immer mehr zu einem Gradmesser für die Bedeutung, welche die Politik gleichen Bildungschancen für alle zugesteht. Die Bundesregierung sollte ihn schleunigst drücken.
Dieser Kommentar erschien heute zuerst in meiner Kolumne "Wiarda will's wissen" im Tagesspiegel.
Die 100 wichtigsten Köpfe der
Berliner Wissenschaft 2023
Das Redaktionsteam der Berliner Wissenschaft des Tagesspiegels hat 100 Persönlichkeiten identifiziert, die die Forschungsregion Berlin in diesem Jahr zum Leuchten gebracht haben: Die einen bereichern ihr Fach mit Studien und neuen Methoden, werben Millionenförderungen ein oder machen exzellente Lehre. Die anderen wirken in öffentliche Debatten und die Stadtgesellschaft hinein oder vernetzen die Einrichtungen der Region mit dem Ausland. Sie alle geben der Szene ihr Profil und bereiten die Grundlagen für Erkenntnisse und Innovationen von morgen.
Kommentar schreiben
Sebastian Zachrau (Montag, 02 Oktober 2023 10:32)
Vorschlag zur Güte: die Ampel macht endlich eine BAföG-Reform, die ALLEN Studierenden die Studienfinanzierung sichert (gerne mit Kostenbeteiligung unterhaltspflichtiger Eltern), der KfW-Kredit wird eingestampft und allen Opfern dieses Wuchers werden die Zinsen erstattet. Aber gut, dafür müsste man das Wohl der Studierenden am Herzen haben.
Django (Montag, 02 Oktober 2023 18:06)
Vor einigen Jahren wurde ja das australische Modell der "nachlaufenden Studiengebühren" hierzulande rauf und runter besprochen und - wenn ich mich richtig erinnere - im Wesentlichen positiv eingeschätzt.
Wie ist denn da der Diskussionsstand? Ich denke vor allem an den Effekt der Abschreckung, denn ein sattes Schuldenkonto am Studienende mit sich bringt, auch wenn ganz sachlich klar ist, dass diese Schulden nur abzutragen sind,wenn die Schuldner das auch leisten können. Ich habe auch schwedische Bekannte im Ohr (wenn auch vor dreißig Jahren), deren Kreditschuld aufgrund weiterlaufender Verzinsung zum Zeitpunkt der Streichung der Schuld höher war als am Tag des Studienabschlusses...
Wäre auf Meinungen gespannt.