Heute feiern die Kultusminister den 70. Geburtstags ihres Clubs. Die Debatten beim heutigen Festakt werden hoffentlich zeigen, dass sie den Ernst der Lage erkannt haben.
HEUTE feiert die Kultusministerkonferenz mit großem Aufwand ihren 70. Geburtstag – und sucht nach ihrem Selbstverständnis. Vergangene Woche hatte Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die heute die KMK-Präsidentschaft offiziell an ihren Thüringer Kollegen Helmut Holter übergibt, hier im Blog dem Club der Bildungs- und Wissenschaftsminister ein "grundsätzliches Konstruktionsproblem" attestiert und organisatorische und strategische Reformen angemahnt, "und zwar jetzt." Vor dem Wochenende dann legten Union und SPD die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche vor und darunter Passagen, die sich laut meinem ZEIT-Kollegen Manuel J. Hartung im heutigen ZEITChancen Brief wie "ein Angriff auf den Föderalismus" lesen.
Zwar ist es ein Angriff mit Augenmaß, denn im Gegensatz zur SPD-Lesart fällt das sogenannte Kooperationverbot keineswegs komplett weg. Auch ist der angekündigte Bildungsrat nur möglich, wenn alle Länder mit an Bord sind – auch die Föderalismus-Lordsiegelbewahrer aus Bayern und Baden-Württemberg. Zumal dieser Bildungsrat, richtig aufgelegt, sogar eine Stärkung der Kultusminister bedeuten könnte – weil sie zusammen mit dem Bund ein stärkeres Gegengewicht zu ihren eigenen Finanzministern bilden könnten. Dennoch dürfte die Feier der KMK heute weniger feierlich und dafür kritisch-selbstreflektierter verlaufen, als sich das einige noch vor Monaten hätten vorstellen können. Ein entscheidender Auslöser dafür waren sicherlich auch die enttäuschenden Ergebnisse im IQB-Bildungstrend und zuletzt in der IGLU-Studie.
Bevor der Bund in die Schulpolitik einsteigt, ist allerdings noch ein Hindernis zu überwinden. Kein kleines. Zunächst müssen sich die Sozialdemokraten einig werden, ob sie eine Koalition mit der Union überhaupt wollen. Oder ob sie ihre Führung weiter derart kompromittieren, indem einige von ihnen nur Tage nach dem offiziellen Abschluss der Sondierungsgespräche fordern, das gemeinsam beschlossene Papier nochmal aufzumachen – was gleichbedeutend ist mit dem Vorwurf, die eigenen Leute hätten schlecht verhandelt und sich von CDU und CSU über den Tisch ziehen lassen.
Wir werden sehen. Womöglich setzen einige Kultusminister ja heute genau darauf: dass die Große Koalition gar nicht kommt. Dass sie Aufschub bekommen bis nach den dann anstehenden Neuwahlen. Was ein Fehler wäre. Denn, wie Susanne Eisenmann im Interview sagte: Wenn man den Bildungsföderalismus erhalten wolle, reiche es nicht, "wenn wir Kultusminister nur aus Prinzip dagegenhalten, weil das eben unser Job ist." Stattdessen müssten sie und ihre Kollegen die mit dem Föderalismus "verbundene Verantwortung annehmen und definieren, wo wir als Länder konzertiert handeln müssen." Spannende Diskussion heute.
NACHTRAG am 16. Januar:
Die KMK müsse "ein bisschen den Hintern hochheben", sagte Susanne Eisenmann gestern beim Festakt in Berlin. Einen lesenswerten Bericht über die Veranstaltung lesen Sie heute zum Beispiel im Tagesspiegel. Kurz zusammengefasst: Eisenmann (CDU) und ihr Nachfolger als KMK-Präsident, Helmut Holter (Linke) waren sich mit Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) einig, dass jetzt schnell etwas passieren muss. Das (Reform-)Mittel der Wahl scheint ein neuer Staatsvertrag für mehr Vergleichbarkeit zu sein. Eisenmann erneuerte darüber hinaus ihren Vorschlag, das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) so weiterzuentwickeln, dass es ein System-Monitoring leisten kann. Der in den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD im Bund vereinbarte Nationale Bildungsrat stieß dagegen auf wenig Gegenliebe. Den "brauchen wir nicht", sagte KMK-Generalsekretär Udo Michallik.
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