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TOP 4 entscheidet

Heute beraten die Kultusminister über die Reform der KMK. Trauen sie sich wirklich an ernsthafte Veränderungen?

GEGEN 16 UHR wird es heute spannend im Plenarsaal in der Taubenstraße 10 in Berlin-Mitte. Dann steht Tagesordnungspunkt 4 auf dem Plan, Überschrift: "Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der Länder in der Kultusministerkonferenz". 

 

Die KMK trifft sich in ihrem Sekretariat zu ihrer 361. Sitzung, und die soll den Anfang des Neuanfangs bringen. Jenes Neuanfangs, den Kultusminister aus allen Bundesländern mit vielen Worten beschworen haben, als sie im Januar zur öffentlichen Festveranstaltung empfingen. 70 Jahre KMK wollten sie feiern, doch eigentlich ging es die ganze Zeit nur darum, wie der Ministerclub relevanter werden kann. Mithilfe eines neuen Staatsvertrages? Über die Aufwertung des einzigen von der KMK getragenen Forschungsinstituts zum unabhängigen bildungswissenschaftlichen Think Thank?  

 

Angestoßen hatte die überfällige Selbstbespiegelung die scheidende KMK-Präsidentin Susanne Eisenmann (CDU), im Hauptberuf Kultusministerin in Baden-Württemberg. Eisenmann hatte nach einem Jahr Präsidentschaft offenbar genug mitgemacht, um anders als manche ihrer Vorgänger die heiße Kartoffel KMK-Reformstau nicht einfach an den nächsten Präsidenten weiterzureichen. Entsprechend war auch die Jubiläumsfeier aufgezogen, die zugleich die Übergabe der Präsidentschaft markierte: Zu den Häppchen kamen überraschend selbstkritische Töne. 

 

Eisenmanns Nachfolger, der neu gekürte KMK-Präsident, heißt übrigens Helmut Holter (Linke), ist erst seit ein paar Monaten Bildungsminister in Thüringen und eigentlich Arbeitsmarktexperte. Jetzt fällt ausgerechnet ihm die Aufgabe zu, das über Jahrzehnte von Union und SPD dominierte Gremium durch die Identitätsfindung zu begleiten. So steht neben dem Tagesordnungspunkt 4 unter Berichterstatter schlicht: Präsident. Welchen Impuls wird Holter geben? Wird er mehr abliefern als nur ein paar aufmunternde Worte? Im Vorfeld ließ er durchblicken, dass er nicht allzu fest an die Realisierbarkeit eines neuen Staatsvertrages glaubt. Dann schon sehr an besagte Aufwertung des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB).

 

Der Druck zumindest steigt: Seit gestern steht die Große Koalition, und in ihrem Vertrag tauchte Anfang Februar die Idee eines Bildungsrates auf, von dem viele in der KMK denken, der eigentliche Bildungsrat sei doch die KMK selbst. Oder sollte es zumindest sein.

 

Und was ist mit Holters Kolleginnen und Kollegen? Haben die Lust und die Ausdauer mitgebracht für die schonungslose Diskussion? Wie wohl fühlen sich die Kultur und die Wissenschaft zuständigen Minister eigentlich noch in der KMK? Und wenn es länger dauert, wie viele von ihnen haben sich morgen Vormittag freigehalten? Auf der Agenda steht da nur: "ggf. Fortsetzung der 361. Plenarsitzung."

 

Wie gesagt: Es wird spannend. Aber so spannend dann auch wieder nicht. Teilweise jahrelanges Sitzungserleiden haben bei vielen Ministern die Ansprüche an mögliche Verbesserungen schrumpfen lassen. Einige schwärmten schon nach dem letzten Treffen im alten Jahr, wie toll es sei, dass endlich mal wieder mehr inhaltlich diskutiert wurde, spontan sogar, und man nicht nur die von der Arbeitsebene vorgelegten Beschlüsse abarbeitete. Richtig inspirierend sei das gewesen. 

 

Diesmal haben sich die Ressortchefs gleich mehrere Gäste in ihre Sitzung geholt. Mit Bildungswissenschaftlern wollen sie über das neuralgische Thema Leseförderung sprechen. Die Kultusminister haben dafür unter anderem eine Übersicht der entsprechenden Länderprogramme angefordert. Man will künftig systematischer voneinander lernen – oder, wie Susanne Eisenmann es im Januar im Interview formulierte, "die Zufälligkeit des Voneinanderlernens hinter uns lassen". 

 

Ermutigende Ansätze. Ob die 361. Plenarsitzung der KMK ein Erfolg wird, entscheidet sich indes allein bei Tagesordnungspunkt 4.

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