Was bedeutet die vorgeschlagene Gaspreisbremse für Hochschulen und Bildungseinrichtungen? Die Hochschulrektorenkonferenz wüsste es auch gern.
RUND 90 MILLIARDEN EURO soll das Entlastungspaket kosten, das die Gaspreis-Kommission der Bundesregierung präsentiert hat. Für Privatkunden schlagen die Experten eine Einmalzahlung in Höhe der September-Gasabschlagszahlung vor, außerdem für Privat- und Industriekunden eine Preis-Obergrenze pro Kilowattstunde ab spätestens April. Allerdings nur für 80 bzw. 70 Prozent des Gesamtverbrauchs.
Was aber bedeutet das eigentlich für Schulen und Hochschulen? Die 13 Seiten Zwischenbericht, die die Kommission am Montag veröffentlichte, bleiben die Antwort schuldig. Darin konstatierten die Experten lediglich: So wie Haushalte eine Preisentwicklung drohe, die sie an den Rand ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit bringen oder diese überfordern könne, gelte das auch für Unternehmen sowie für "soziale, kulturelle, wissenschaftliche und sonstige Einrichtungen".
Explizit aber finden die genannten öffentlichen Einrichtungen im Rest des Empfehlungspapiers dann keine Erwähnung mehr. Beim ersten von ihr vorgeschlagenen Maßnahmenbündel nennt die Kommission sehr allgemein "Haushalte und alle anderen Verbraucher" als Adressaten, beim zweiten die "industriellen Verbraucher". Einzige Ausnahme: Das Papier fordert explizit einen zusätzlichen "Hilfsfonds für soziale Dienstleister".
HRK mahnt: Klärung der Frage
ist sehr dringlich
Sind Schulen, Hochschulen und Co also zwar öffentliche Einrichtungen, aber doch irgendwie mitgemeint bei den privaten Verbrauchern?
Die Kultusminister prüfen. Und die Hochschulrektorenkonferenz wüsste es auch gern. Die Kommission habe "richtigerweise" darauf hingewiesen, betont die HRK auf Anfrage, dass öffentliche Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen künftig selbst dann noch deutlich mehr für Energie zahlen würden als bislang, wenn sie voll von der Gaspreisbremse profitierten. "Leider führt das Empfehlungspapier in der Folge nicht aus, wie genau eine Teilhabe von öffentlichen Einrichtungen wie Hochschulen an den preisstabilisierenden Maßnahmen möglich sein soll."
Was nicht ohne ironische Note ist: Die Wissenschaftler in der Kommission finden das Schicksal ihrer eigenen Einrichtungen keiner expliziten Erwähnung wert.
Die HRK mahnt jedenfalls: Die frühzeitige Behandlung dieser Frage sei umso dringlicher, als die Hochschulen in sehr unterschiedlichem Umfang von den Preissteigerungen betroffen seien. "Neben den wenigen Hochschulen, deren Verbrauchskosten für Energie und Wärme ausfinanziert sind, also direkt durch das jeweilige Bundesland getragen werden, verfügen viele Hochschulen über einen Globalhaushalt mit nicht selten über Jahre fortgeschriebenen Energiekostenbudgets."
Mehr als das übliche Klappern
einer Lobbyorganisation
Im Interview hier im Blog hatte der Vorsitzende der German U15, Georg Krausch, bereits die Länder in die Pflicht genommen: Er könne sich nicht vorstellen, dass die betroffenen Hochschulen von ihren Landesregierungen im Regen stehen gelassen würden. Für normale Zeiten seien Globalbudgets mit auf Jahre hinaus vereinbarten festen Steigerungsraten "völlig in Ordnung". In der jetzigen Krisensituation "sollte aber keine Landesregierung sagen: Pech gehabt, dann müsst ihr jetzt halt 20 Prozent der Leute entlassen. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen."
Die HRK warnt unterdessen vor den "irreversiblen Konsequenzen für langjährige Forschungsprozesse, wissenschaftliche Karrieren, Bildungsverläufe und damit für das Innovationspotenzial der gesamten Volkswirtschaft", sollten die Hochschulen bei der Umsetzung des 90-Milliarden-Gaspakets übersehen werden.
Ein Stückweit das übliche Klappern einer Lobbyorganisation, aber es ist tatsächlich ernst. Eine Verdopplung der Energiekosten bedeutet für Hochschulen, dass schnell zehn Prozent oder mehr ihrer bisherigen Budgets weg wären. Zusätzlich zu den auch sonst massiv steigenden Preisen.
Immerhin: Während Schulen und Hochschulen zumindest von der Bundesnetzagentur zu geschützten Kunden erklärt wurden, die im Fall einer Gasnotlage mit am längsten beliefert werden, haben außeruniversitäre Forschungsorganisationen (AUF) oder Studierendenwerke nicht einmal diese Sicherheit.
Weswegen die Kultusministerkonferenz Ende vergangener Woche den Bund zur Klarstellung aufforderte. Die Ampel-Koalition müsse zudem sicherstellen, dass auch für AUF und Studierendenwerke, wenn nötig, weitere Hilfsmaßnahmen ergriffen würden. Wie sie im Beschluss von Bundeskanzler und Ministerpräsidenten der Länder angekündigt wurden, aber eben nicht für diese. Es sei da auf Seiten des Bundes "noch einige an Unklarheit unterwegs", sagte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU), der gestern erneut den Bund aufforderte, "im Energiesektor für ein stabiles Angebot und damit für bezahlbare Preise" zu sorgen.
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