Wo bleibt die DATI? Das verlangte Gründungskonzept steckt seit sechs Monaten in der Ressortabstimmung, alle offenen Fragen sind geklärt. Doch ausgerechnet das Landwirtschaftsministerium blockiert.
BALD EIN HALBES JAHR. So lange dauert sie bereits, die Ressortabstimmung über das Gründungskonzept der geplanten Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI). Bevor aber die Bundesregierung das Papier offiziell verabschiedet hat, kann die Agentur weder offiziell gegründet werden noch die Suche nach ihrem Gründungschef starten.
Was umso frustrierender ist, weil die eigens eingerichtete Gründungskommission ihre Arbeit zügig erledigt und die Ausschreibung für den Spitzenjob bereits im vergangenen Dezember fertiggestellt hatte. Seitdem liegt sie auf Eis. Ebenso wie große Teile der DATI-Finanzierung, denn 35,4 der 78,8 für 2024 vorgesehenen Millionen für die Agenturarbeit hat der Haushaltsausschuss des Bundestages gesperrt – bis zur Vorlage eben jenes Konzepts, das, so die Vorgabe, "schlüssig" sein soll.
Zuletzt verbreitete Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bei öffentlichen Auftritten Hoffnung. Der Kabinettsbeschluss könne schon in einer der nächsten Sitzungen erfolgen, sagte sie etwa am Mittwoch vor mehr als 100 Vertretern der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.
Womöglich ist das aber auch Zweckoptimismus, um öffentlich den Erwartungsdruck zu erhöhen. Das läge sogar in Stark-Watzingers Interesse. Wie aus Koalitionskreisen zu hören ist, gibt es nämlich keinerlei inhaltlichen Dissens mehr um das federführend von BMBF-Staatssekretär Mario Brandenburg (ebenfalls FDP) ausgearbeitete Konzept. Alle offenen Fragen seien längst geklärt.
Warum aber wurde dann die Verabschiedung im Kabinett zuletzt wieder verschoben? Weil das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) immer noch Leitungsvorbehalt eingelegt hat. Das BMEL? Ganz recht. Aber offenbar nicht aus inhaltlichen Bedenken. Sondern weil das Haus von Cem Özdemir (Grüne) damit Druck im Streit mit einem anderen FDP-geführten Bundesministerium ausüben will. Zu einem Thema, das rein gar nichts mit Transfer und Innovation zu tun hat. Frei nach dem Motto: Schlägst du meins, dann schlag ich deins.
Bliebe es dabei, wäre das in gleich mehrfacher Hinsicht unverantwortlich. Erstens weil die DATI-Gründung ohnehin schon so lange verzögert wurde. Jetzt aber hat das BMBF endlich seine Hausaufgaben gemacht. Wenn nicht bis zur Bereinigungssitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses im November Klarheit herrscht, droht weiteres Ungemach bei der DATI-Finanzierung auch im kommenden Jahr. Zweitens weil je länger die Chefposten-Ausschreibung aussteht, es desto unwahrscheinlicher wird, noch rechtzeitig eine Persönlichkeit zu finden, damit die Agentur noch vor der Bundestagswahl im September 2025 durchstarten kann. Drittens weil bereits die stark überzeichneten DATI-Pilotförderlinien gezeigt haben, wie groß der Bedarf an neuartigen Formaten zur Innovationsförderung ist.
Und viertens: Weil schon jetzt die Sperre der DATI-Gelder gänzlich unschuldige Opfer fordert: die Programmlinien "T!Raum" und "WIR!" zur Transferförderung in strukturschwachen Regionen, die unabhängig von der Agentur sind, aber aus demselben (leeren) Topf finanziert werden.
Auf Anfrage sagt ein BMEL-Sprecher, zwar äußere man sich grundsätzlich nicht zu Details regierungsinterner Abstimmungsprozesse. "Mitteilen können wir allerdings: Der nächste Kabinettstermin ist der 6. November. Wir befinden uns in guten Gesprächen zur DATI und sind zuversichtlich, dass wir rechtzeitig zu einer einvernehmlichen Lösung kommen, wenn alle guten Willens sind."
Apropos guten Willens: BMEL-Chef Özdemir sollte sich fragen, ob ein politisches Kräftemessen auf Kosten der Transfer- und Innovationsförderung der richtige Weg sind in einer Situation, in der Deutschland bei vielen Spitzentechnologien den Anschluss zu verlieren droht – oder schon verloren hat.
Die DATI allein wird an der Innovationskrise nicht viel ändern, aber ihre Gründung könnte ein Aufbruchssignal sein. Ihre Verhinderung aus sachfremden Gründen würde das Vertrauensproblem der Politik nur noch vertiefen.
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